Mit verzweifeltem Gesichtsausdruck sitzt mein bester Freund am Tisch mir gegenüber. Er kommt vom Neujahrsessen mit seinen Gesellschaftern. Er legt los:
Es ist nicht zu fassen. Wir waren im feinsten Lokal der Stadt, bei dem das Menü bei 80 € anfängt. Es war köstlich, keine Frage. Aber die Gespräche waren völlig ohne Sinn, beinahe hohl. Wir haben Geld, wir sind erfolgreich, wir finden uns ganz toll. Aber die Blicke meiner Kollegen sind unsicher. Als wüssten sie nicht wirklich, wer sie sind. Sie suchen dauernd nach Bestätigung. Ich weiß nicht, was los ist. Vor zwei, drei Jahren ist es mir nicht so aufgefallen. Aber jetzt könnte ich heulen. Oder am liebsten losschreien.
Tja, Du bist deinem Umfeld entwachsen.
Früher, als Kind bist Du über Sommer aus den langen Hosen rausgewachsen, und jetzt passiert das Gleiche mit deinem Lebensentwurf.
Und jetzt?
Jetzt erst mal nichts. Geduld. Jetzt gilt es, das Unbekannte auszuhalten. Das ist das schwierigste für Erfolgsmenschen wie Dich.
Kein schnelles Problemlösen, sondern mal eine Weile: Stille. Nichts.
Ist das Dein Ernst?
Ja, total. Ich kenne mich damit ein bisschen aus.
Wobei mit dem Unbekannten kann man sich per se nicht auskennen. 😉
Ich bin Seelencoach und weiß, dass die Komfortzone an eine Bewusstseinsschicht grenzt, die wir als „Unbekannt“ wahrnehmen, und vor der wir gewöhnlich zurückschrecken. Dabei ist es nur „eine Schicht“, die durchquert werden kann. Dahinter verbirgt sich oft etwas sehr Wertvolles!
Es ist nichts Falsches mit Dir, wenn Du ihr begegnest. Daher musst Du auch keinen Fehler suchen. Weder bei Dir noch bei den Anderen.
Wenn Du merkst, dass Du in das bisher angenehme Setting nicht mehr hineinpasst, dann ist es Zeit, innezuhalten und auf dein Herz zu hören. So machst Du einen Entwicklungsschritt.
Einen Schritt, der wie Rilke sagt: „tief von innen kommt, und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann“.
Die meisten Menschen verzweifeln in so einem Moment und versuchen mehr vom Alten zu machen, um ihr Unbehagen zu verdrängen. Noch mehr zu arbeiten, noch ehrgeizigere Ziele zu setzten, auf der Karriereleiter noch einen großen Schritt nach oben zu schaffen.
Aber mehr vom Alten führt nicht zu was Neuem. Das Ergebnis trifft sich dann in den Burn-out Kliniken.
Da war ich schon zweimal, danke. Es muss einen anderen Weg geben.
Ja, den gibt es. Er heißt Paradigmen-Wechsel. Du musst Dir das ganze Setting in dem Du lebst, in Ruhe anschauen.
Nicht nur Deinen Tagesrhythmus, Deine Work-Life-Balance und Deine Essgewohnheiten. Sondern und insbesondere dein inneres Setting: Deine Werte. Deine Überzeugungssysteme. Dein Weltbild. Deine Lebensvision. Und diese aktualisieren.
Es kann ja sein, dass Du mit der perfekten Strategie mit maximaler Motivation nach dem falschen Zielen strebst. Und Dich dann wunderst, dass Du nie ankommst oder enttäuscht und unglücklich bist. Wie jetzt.
Zu solch einer Bestandsaufnahme braucht es allerdings einen Moment Stille und Ausatmen. Und womöglich einen Gesprächspartner für tieferen Austausch und Reflexion.
Innehalten ist der Schlüssel. Trau Dich!